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About petrovahner

Petrov Ahner, geboren 1965, arbeitete ab 1994, nach seiner Assistenzzeit in München und Miami, 15 Jahre als Mode- und Porträtfotograf in Paris. Die politische Entwicklung in Frankreich seit der Präsidenschaft von Nicolas Sarkozy, die Verschärfung der Immigrationsgesetze und die persönliche Betroffenheit als Ausländer führten Ahner dazu, die Fotografie als ein Mittel des politischen Engagements zu nutzen. In Out of the Dark realisierte er im November 2009 über 100 Porträts von sogenannten »sans papiers«. Ahner richtete für 48 Stunden am zentralen Platz der Besetzung der »sans papiers«, einem leerstehenden Verwaltungsgebäude im 18. Arrondissement, ein Fotostudio ein und lud die Besetzer ein, sich porträtieren zu lassen. Damit sollte der Kampf für ein legales Bleiberecht unterstützt und den Menschen, die in Illegalität und Anonymität leben, eine Möglichkeit gegeben werden, würdevoll Gesicht zu zeigen. Diese politische Arbeit entfernte Ahner von der Modewelt. Das Gefühl, jetzt ein Fremder in Paris zu sein, die Trennung von seiner langjährigen Lebens- und Arbeitspartnerin veranlassten Ahner zu einem radikalen Bruch. Er beschloss Ende 2009 von Paris nach Berlin zu ziehen. Mit dieser räumlichen Veränderung verband sich auch das Bedürfnis nach einer Veränderung seiner fotografischen Arbeit. Berlin erschien mit seinem Ruf als Kunstmetropole, der Diversität der Lebenswelten und der Verschiedenartigkeit der einzelnen Stadtquartiere verheißungsvoll genug, um dort leben und arbeiten zu wollen. Die Gentrifizierung und zum Teil rasanten Veränderungen in der Lebenswirklichkeit Berlins wurden als ernüchternd empfunden. Ab Anfang 2010 bis zur Schließung im September 2012 fotografierte Ahner als offizieller Fotograf den Alltag und den Kampf des Kunsthaus Tacheles und seiner Künstler gegen Investoren. Auf Initiative der italienischen Künstlerin und damaligen Kuratorin des »Tacheles«, Barbara Fragogna, realisierte Ahner erste Ausstellungen in Berlin. 2011 begann er zeitgleich das Langzeitprojekt Berlin Beauty. Darin sucht Petrov Ahner das Gesicht seiner Wahlheimat Berlin in den Selbstdarstellungen seiner Einwohner, denn Menschen kreieren einen »Look« und bestimmen den Rhythmus der Metropole. Neben Architektur, Geschichte, Politik und Landschaft sind sie ihr prägender und lebendiger Teil. Sie sind Spiegel der Stadt, wie die Stadt auch der ihre ist. Zwischen 2010 und 2013 entstand in Zusammenarbeit mit dem Whistleblower Netzwerk e.V., einem Verein zur Unterstützung des Kampfes von Whistleblowern für einen besseren gesetzlichen Schutz und höhere gesellschaftliche Akzeptanz, das Projekt Whistleblower in Deutschland. Zum damaligen Zeitpunkt war das Thema Whistleblowing in Deutschland noch nahezu unbekannt. Die von Ahner realisierte Fotoserie wird bis heute auf der Website des Vereins zur Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit verwendet. Seit Juli 2017 arbeitet Ahner am Langzeitprojekt Was bleibt – Porträts im Hospiz, einer fotografischen Arbeit mit Menschen, die wissen, dass sie in naher Zukunft sterben werden. Mit Unterstützung des Ricam Hospizes in Berlin werden Patienten/innen porträtiert und interviewt. Ahner zeigt die individuellen Versuche mit dem Sterben umzugehen und einen Alltag im letzten Wohnort zu gestalten. Die Projekte Paris 26th floor, Warschauer Brücke oder Koinzidenzen sind Fotografien aus dem direktem urbanen Umfeld des Fotografen oder, bei It could be anywhere, dem Ort seiner Jugend in einer süddeutschen Kleinstadt. Nicht das Dokumentarische steht hier im Vordergrund, sondern die eigenen Sichtweisen, Stimmungen und Emotionen. Dabei erhält das Alltägliche und scheinbar Banale etwas Poetisches, Geheimnisvolles und manchmal auch Irritierendes. Petrov Ahner, born in 1965, worked as a fashion and portrait photographer in Paris for 15 years from 1994, after his assistantship in Munich and Miami. The political development in France since the presidency of Nicolas Sarkozy, the tightening of immigration laws and the personal involvement as a foreigner led Ahner to use photography as a means of political engagement. In Out of the Dark in November 2009, he produced over 100 portraits of so-called «sans papiers». For 48 hours, Ahner set up a photo studio at the central square of the occupation of the «sans papiers,» a vacant administrative building in the 18th arrondissement, and invited the occupants to have their portraits taken. The intention was to support the struggle for a legal right of residence and to give people who live in illegality and anonymity a chance to show their dignified faces. This political work removed Ahner from the fashion world. The feeling of now being a stranger in Paris, the separation from his long-time life and work partner lead Ahner to a radical break. He decided to move from Paris to Berlin at the end of 2009. This spatial change was also associated with the need for a change in his photographic work. Berlin, with its reputation as an art center, the diversity of its living environments, and the diversity of its individual neighborhoods, seemed promising enough to want to live and work there. The gentrification and sometimes rapid changes in Berlin’s reality were perceived as disillusioning. From the beginning of 2010 until its closure in September 2012, Ahner photographed everyday life and the struggle of the Kunsthaus Tacheles and its artists against investors as an official photographer. On the initiative of the Italian artist and then curator of Tacheles, Barbara Fragogna, Petrov Ahner organized his first exhibitions in Berlin. In 2011, he simultaneously began the long-term project Berlin Beauty. In it, Petrov Ahner looks for the face of his adopted home Berlin in self-portraits of its inhabitants, because people create a «look» and determine the rhythm of the capital. In addition to architecture, history, politics and landscape, they are their shaping and lively part. They are mirrors of the city, just as the city is its own. Between 2010 and 2013, in cooperation with Whistleblower Netzwerk e.V., an association supporting the struggle of whistleblowers for better legal protection and higher social acceptance, launched the project Whistleblower in Germany. At that time, the topic of whistleblowing was still almost unknown in Germany. The photo series realized by Ahner is still used today on the website of the association for documentation and public relations. Since July 2017 Ahner has been working on the long-term project What Remains – Portraits in the Hospice, a photographic work with people who know that they will die in the near future. With the support of the Ricam Hospice in Berlin, patients are portrayed and interviewed. Ahner shows the individual attempts to deal with dying and to create an everyday life in the last place of residence. The projects Paris 26th floor, Warschauer Brücke or Koinzidenzen are photographs from the photographer’s direct urban environment or, in It could be anywhere, the place of his youth in a small southern German town. The focus here is not on the documentary, but on his own perspectives, moods, and emotions. The everyday and seemingly banal is given something poetic, mysterious, and sometimes irritating.

Dietmar Bührer, Buchdruckmeister

Dietmar Bührer, Buchdruckmeister

“1970 bin ich nach Berlin gezogen, weil ich eine Arbeitsstelle bei einer großen SPD Zeitung unter Willy Brandt als Buchdrucker bekommen habe. Mich faszinierte das Großstadtleben dieser Stadt. Ich hatte noch nie eine U-Bahn in meinem Leben gesehen und fotografierte das Leben mit der Bahn. Das Thema ließ mich auf meinem weiteren Leben nicht mehr los. 1972 gründete ich mit Freunden das Stadtmagazin Tip. Und 1984 das Fotomagazin Brennpunkt. Eigentlich wollte ich nicht zu lange in Berlin verweilen aber das Berliner Leben und die Atmosphäre dieser Stadt ließ mich nicht mehr los. Auch nach 50 Jahren finde ich diese Metropole durch die täglichen Veränderung immer noch interessant.

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Tan Kadam, Fotograf

Tan Kadam, Fotograf

“Vor ungefähr 10 Jahren zog es mich von Paris nach Berlin, weil ich mir für mein eigenes Leben mehr Ruhe ersehnte. Diese Ruhe fand ich im Stadtteil Zehlendorf. Berlin habe ich dann durch meine fotografische Arbeit über die hiesige Flora kennengelernt. Meine Bezugspunkte zu Berlin sind deshalb nicht so sehr die Straßennamen, sondern welche Pflanze wo wächst – sozusagen ‘botanische Koordinaten’. Mittlerweile hat sich mein Fokus von der Erde auf den Himmel Berlins verlagert – ich fotografiere Wolken über der Stadt.”

Text Tan Kadam

https://www.tankadam.com/

photo taken at Tan’s rooftop, Prenzlauer Berg, Nov 2020

photo @petrovahner2020

Emanuel Maeß, Schriftsteller

Emanuel Maeß, Schriftsteller

Emanuel Maeß, Schriftsteller

„Es gibt zeitlose Städte – und Berlin. Hier staut sich die Zeit, gelebte, historische, Freizeit, Dienstzeit, Stoßzeit, Teilzeit, Echtzeit, Auszeit, die gute alte Zeit märkischer Landpartien bis hin zur Gründer-, Neu-, Spät-, Post- oder Schreckenszeit aller möglichen, zum Teil schon halb realisierten Dystopien. Temporale Phasenverschiebungen dieser Art beobachtet man sonst nur um Schwarze Löcher mit großen Gravitationsmassen, was die Stadt für projektbezogene Kreativarbeiter so unausschöpflich macht. Da sie (wie Gott) jegliche begriffliche Annäherung abwehrt und zum Klischee werden lässt, zweifelt man fortwährend an seinen Eindrücken, weiß nie, ob sie in den letzten Zügen liegt oder ihrer nächsten Metamorphose. In ihren besseren Momenten erscheint sie wie ein ins Städtische gewendeter Unbewegter Beweger, der ihren zerbombten und zerfeierten Charme, unvollendbare Flughäfen und das späte Frühstück zweifellos mitbedingt, der aber auch die Ahnung aufkommen lässt, hier noch einmal eine Spur der Ewigkeit wiederzufinden.”

Text by Emanuel Maeß

Photo taken at Friedenau, Oct 5th 2020

© petrov ahner2020

Matt Grau, Künstler

Matt Grau, Künstler

Matt Grau, Künstler

Nix mit Tourihotspots, Baudenkmälern, Gebäuden oder Türmen – der Mondhügel soll es sein!

Im September 2020 bat mich Petrov Ahner zu Portraitaufnahmen. Einen Ort in Berlin mit einem persönlichen Bezug könne ich gerne auswählen. So dachte ich sofort an den Mondhügel mit Blick auf den Görlitzer Park, auf die Emmaus-Kirche in Kreuzberg und den Fernsehturm in Mitte. Berlin West und Ost. Die große Stadt. Wie der Mond es sieht, wenn er aufsteigt.

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