Berlins Schönheit liegt für mich in Westberlin, im eingemauerten Westberlin der frühen 80er Jahre. Berlins Schönheit liegt für mich im Karree von Kurfürstenstrasse, Wittenbergplatz, Nollendorfplatz und Lenné-Dreieck. Aufgewachsen im Kiez der Potsdamer Strasse, 50 Meter weit entfernt von der öffentlichen Toilette, in der Christiane F. sich ihren ersten Schuss setzte. Auf dem Weg zur Schule den Prostituierten Gutenmorgen gesagt und auf dem nachmittäglichen Weg zur Familie zum Zeitvertreib die Kondome auf dem “Nuttenparkplatz” gezählt, Rekord lag bei ca. 150. Mich schon früh gewundert über den süßlichen Tabakgeruch im Hausflur.
Aufgewachsen in einem Kiez, der damals schon was von “dreckig und grau” hatte, bin ich doch behütet wie kaum einer aus meinem Freundeskreis groß geworden. Es ist schon befremdlich, wenn ein Mädchen in der neunten Klasse noch in deine Parallelklasse geht, und wenn du in der Zehnten bist, Sie eine von den Damen ist, die du auf dem Schulweg grüßt. Auch erschreckt es mich, wenn ich Klassenkameraden nach 15 Jahren wiedertreffe, die in der Vergangenheit leben und deren einziges Thema die eine versaute Note in der Zehnten ist, die angeblich Schuld für ihr verpatztes Leben ist. Danke an meine Familie, an Mama, Papa, Oma, Onkel, Tanten, und danke an das schöne Berlin meiner Kindheit.
photo taken at Tiergarten, Aug 2013
© petrov ahner