Berlin, du bist so schrecklich, so dreckig und grau.
Ich habe mich nun schon mit drei verschiedenen Zahlungsmitteln durch deinen speckigen Leib gefressen. Jedes Mal musste ich dabei feststellen, dass dir das Auf und Ab der Szene und des sozialen Standards immer wieder Anlass dazu geboten hat, arm von reich in
immer größerem Umfang zu selektieren.
Deine Anonymität kann Segen und Fluch zugleich sein und hilft dir in jedem Falle dabei, die Masse stumm zu halten. Deine Selektierung in die verschiedensten Gruppen und “Lifestyle-Bewegungen” unterdrückt gemeinsame Proteste und wie wir es schon aus der Geschichte kennen: Wo hunderte Proteste brodeln, bewegt sich nichts.
Dies alles lässt mich zu dem Schluss kommen, dass deine Verwalter im eigenen Volk einen Kollateralschaden mit einberechnen und Opfer längst nicht mehr nur in Kriegen zur Volksdezimierung beitragen. Das heißt: Alles in allem bin ich von dir, wie von vielen anderen Metropolen in der Moderne, sehr enttäuscht, muss aber lobend erwähnen, dass du kulturell immer wieder helle Momente hattest und sich dadurch ein multikulturelles Zentrum gebildet hat, das Künstler aus der ganzen Welt anzieht und für einen regen Austausch zwischen den Kulturen sorgt. Was mich zu der für dich empfundenen Hassliebe trieb.
In der Kunst veranlasste mich das zu einer sehr gesellschafts-analytischen Arbeitsweise, in der sich aber immer auch meine Demut vor dem Leben und der Natur widerspiegelt.Mein vorrangiges Arbeitsmaterial ist Holz in all seiner Vielschichtigkeit. Hieraus produziere ich z.B. Collagen mit Schnitztechniken, die noch durch eigene Fotos und die Malerei erweitert werden, Skulpturen und Installationen. Da mir aber nicht nur die Kunst, sondern auch das Veranstalten von Events und das Produzieren von Musik sehr wichtig sind und es mir Freude bereitet, Menschen zusammen zu führen, entsteht bei mir immer ein bunter Mix aus all diesen Vorlieben. Also: Trotz all meiner schroffen Worte für dich, Berlin, ick liebe dir!
Photo taken at Arthouse Tacheles, Mitte, july 2012
©petrov ahner 2012